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Anamnese und Diagnostik

Anamnese und Diagnostik: Fatigue, Gewichtsverlust, Nachtschweiß

Ein 84-jähriger Mann stellte sich vor, der eine seit ca. 4 Monaten bestehende Fatigue und einen Gewichtsverlust von über 10 kg angab. Zudem litt er unter massivem Nachtschweiß, der jeweils einen Wäschewechsel notwendig machte. Laborchemisch bestand eine ausgeprägte Leukozytose (zwischen 20 und 40 x10^9/L) mit signifikanter Neutrophilie (90%) sowie eine milde Anämie (um 10g/dl) und Thrombozytopenie (um 100 x10^9/L), keine Linksverschiebung oder Monozytose. Die Laktatdehydrogenase (LDH) war mit 281 U/L (norm bis 225 U/L) leicht erhöht. Abdomensonographisch wurde eine leichte Splenomegalie festgestellt (12 cm längs). Die Knochenmarkzytologie und -histologie zeigte ein hyperzelluläres Knochenmark mit gesteigerter, dysplastischer Granulopoese sowie megakaryozytären und erythroiden Dysplasien. Eine signifikante Blastenvermehrung bestand nicht. Molekulargenetisch waren Mutationen in den Genen CSF3R (T618I, 28%), ASXL1 und U2AF1 nachweisbar, ohne Hinweis auf Mutationen in SETBP1 oder ETNK1. Der Karyotyp war unauffällig. Welche Diagnose vermuten Sie nach diesen vorliegenden Informationen?Stimmen Sie auf der nächsten Seite ab!

TED-Frage

Diagnose und Therapie

Diagnose CNL und Therapieeinleitung

Es wurde die Diagnose eines MDS/MPN-N gestellt – mit der Differenzialdiagnose chronische Neutrophilenleukämie (CNL).Aufgrund des Vorliegens der CSF3R-Mutation wurde nach stattgegebenen Kassenantrag eine Therapie mit Ruxolitinib (2x 15 mg pro Tag, off-label) eingeleitet.

Weiterer Verlauf

Weiterer Verlauf unter Therapie

Nach 6 Monaten konnte ein signifikantes klinisches Ansprechen im Sinne einer Verbesserung von Fatigue und Nachtschweiß sowie einer Gewichtszunahme von mehr als 10 kg dokumentiert werden. Das Blutbild blieb stabil (Leukozyten um 20 x10^9/L, Hb um 11g/dl, Thrombozyten im Normbereich). Die Allellast der Mutationen in CSF3R sowie ASXL1 und U2AF1 blieb dagegen unverändert, ein molekulares Ansprechen ist somit in diesem Fall bislang nicht erreicht worden. Die Behandlung mit Ruxolitinib in gleicher Dosierung wird aufgrund des guten klinischen Ansprechens und der stabilisierten Laborparameter fortgesetzt.

Zusammenfassung

Fazit

Die chronische Neutrophilenleukämie (CNL) ist eine seltene hämatologische Neoplasie, die sich durch eine Leukozytose (> 25.000/µl) mit reifzelliger Neutrophilie ohne relevante Linksverschiebung und Dysplasiezeichen im peripheren Blut auszeichnet. In der Mehrzahl der Patient:innen ist eine aktivierende Mutation im CSF3R-Gen (meist T618I) nachweisbar, begleitende somatische Mutationen (u.a. ASXL1, SETBP1, SRSF2) können prognostisch relevant sein. Die myelodysplastische/myleoproliferative Neoplasie mit Neutrophilie (MDS/MPN-N; Synonym: atypische chronische myeloische Leukämie), die ebenfalls CSF3R-mutiert sein kann, und die chronisch myelomonozytäre Leukämie sind wichtige Differentialdiagnosen. Aufgrund des hohen medianen Erkrankungsalters von 70 Jahren ist die allogene Stammzelltransplantation bei der CNL nur selten durchführbar und die Prognose (medianes Überleben < 2 Jahre) häufig schlecht. Der Off-Label-Einsatz des JAK1/2-Inhibitors Ruxolitinib kann zu anhaltenden hämatologischen und molekularen Remissionen führen.Das vorliegende Fallbeispiel verdeutlicht die Herausforderungen bei der Unterscheidung zwischen CNL zur MDS/MPN-N. Unabhängig von der präzisen Klassifikation der Erkrankung ermöglichte das Vorhandensein der CSF3R T618I-Mutation eine zielgerichtete Therapie, von der der Patient auch bei ausbleibender molekularer Remission profitiert hat.Vielen Dank für Ihre Teilnahme an der interaktiven Kasuistik: 84-Jähriger mit Nachtschweiß und GewichtsverlustLesen Sie dazu auch unseren Übersichtsartikel mit CME-Fortbildung (bis 4.10.2025):Reiter A, Lübke J, Schwaab J: Die chronische Neutrophilienleukämie – eine seltene Erkrankung mit schlechter Prognose. JOURNAL HÄMATOLOGIE 2024;2.

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